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2021-10-26

BINDUNG - GRUNDLEGEND FÜR LERNEN & ENTWICKLUNG

Wenn ein Säugling zur Welt kommt, ist er eine physikalische Frühgeburt. Er ist abhängig von der Zuwendung und Fürsorge Erwachsener, die ihn füttern, wickeln, ihm Wärme und Geborgenheit schenken – sich um ihn kümmern. Ohne Schutz und Fürsorge könnte er nicht überleben.
In den ersten Wochen wendet sich der Säugling jedem zu, der potentiell seine Bedürfnisse befriedigt, doch im Laufe des ersten Lebensjahres entwickeln sich zwischen dem Säugling und seinen primären Bezugspersonen, normalerweise die Eltern, vertraute Interaktionsmuster, die bis zum Ende des zweiten Lebensjahres in spezifischen emotionalen Beziehungen münden – es ist eine Bindung entstanden. Eine Bindung ist ein vom Gefühl getragenes Band, das ein Kind zu einem/wenigen spezifischen Erwachsenen anknüpft, das sie über Raum und Zeit hinweg miteinander verbindet.
Durch alle sozialen Erfahrungen, die das Kind bis zu diesem Zeitpunkt mit seinen engsten Bezugspersonen macht – vor allem auf welche Art und Weise, wie schnell und zuverlässig sie auf seine Bedürfnisse reagieren – entsteht ein inneres Arbeitsmodell, in dem gespeichert ist, wie Beziehungen „funktionieren“. Dieses Arbeitsmodell  beeinflusst, wie ein Kind mit Trennungen umgeht, wie es auf unvertraute Personen reagiert, was es im sozialen Kontakt mit anderen erwartet, wie es mit Emotionen umgeht und wie enge Beziehungen im Laufe des weiteren Lebens gestaltet werden. Es kann durch verschiedenste Erfahrungen modifiziert werden, jedoch sind die ersten beiden Lebensjahre prägend.
Die Entwicklung einer Bindung ist von so großer Bedeutung, da sie grundlegend für die Herausbildung der Persönlichkeit des Kindes ist. Sie ist ‘emotionale Nahrung’ für den kindlichen Körper und das kindliche Gehirn und damit für die kindliche Psyche (Brisch, 2009). Die Bindungspersonen sind der sichere Hafen für das Kind, der ihnen Fürsorge und Schutz gewährt. Nur, wenn ein Kind sich sicher fühlt, eine sichere Basis hat, kann es neugierig und entspannt sich und seine Umgebung erkunden, mit
Freude und Interesse entdecken, experimentieren und lernen. Ist ein Kind verunsichert oder gestresst, z.B. durch eine unbekannte Umgebung, eine neue Situation oder die Trennung von der Bindungsperson, aber auch durch Erschöpfung, Krankheit etc. wird das sogenannte Bindungsverhalten aktiviert. Dies sind alle Verhaltensweisen,  die dazu dienen, die Nähe der Bindungsperson zu suchen bzw. aufrechtzuerhalten (z.B. weinen, hinterherlaufen), um wieder ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit
zu erlangen. Je nachdem wie stark das Bindungsverhalten aktiviert ist, kann die volle emotionale Verfügbarkeit sowie direkter Trost der Bindungsperson notwendig sein. Bei geringerer Irritation können auch ein Schnuller, ein Stofftier oder eine vertraute Umgebung ausreichen, damit das Kind seine emotionale Balance wiederfindet.
Für die Entwicklung einer sicheren Bindung ist ganz wesentlich, wie die Bezugspersonen auf die Signale des Kindes reagieren. Der ausschlaggebende Aspekt ist die Feinfühligkeit. Dies ist die Fähigkeit, Signale und Verhaltensweisen des Kindes bewusst wahrzunehmen, richtig zu interpretieren sowie angemessen und prompt darauf zu reagieren. Feinfühliges Verhalten bewirkt, dass das Kind sich wahrgenommen fühlt, Vertrauen in sich und seine Umwelt entwickelt und seine Emotionen zu regulieren
lernt. Denn nur wenn ein Kind sich sicher fühlt, kann es auch entdecken, sich entwickeln und lernen. 
Für unsere pädagogische Arbeit in der Kita bedeutet dies, vor allem die Eingewöhnung sehr behutsam, achtsam und individuell zu gestalten. In vielen Fällen macht ein Kind bei uns die ersten Trennungserfahrungen von seinen primären Bezugspersonen. Die neue Umgebung, die anderen Kinder, die Mitarbeiter, all das sind viele neue Eindrücke, die das Kind verarbeiten und in seine bisherigen Erfahrungen integrieren muss. Hierzu benötigt es ein Höchstmaß an Explorationsverhalten. Auf der anderen Seite löst die neue Situation Stress beim Kind aus, was wiederum sein Bindungsverhalten aktiviert. Daher ist es in den ersten Tagen so wichtig, dass ein Elternteil als sicherer Hafen im Gruppenraum anwesend ist. Die Fachkraft, die das Kind eingewöhnt, nimmt behutsam Kontakt mit dem Kind auf, indem sie z.B. Blickkontakt sucht und auf Äußerungen des Kindes feinfühlig eingeht. Sie beobachtet das Verhalten sehr genau, da es Aufschluss darüber gibt, wie es dem Kind geht und was es gerade
braucht. Auch ein Kind, das viel erkundet und in Trennungssituationen nicht weint, kann einen hohen Stresslevel haben und benötigt Zeit und Unterstützung, um diesen neuen Lebensabschnitt gut zu bewältigen.
Eine Bindung zwischen Fachkraft und Kind entsteht zum einen durch die Tätigkeit des Kindes, indem es den Kontakt sucht, zum anderen durch das Verhalten der Fachkraft, die dem Kind Sicherheit gibt und es in seinem Explorationsverhalten unterstützt. Erst wenn das Kind wirklich Vertrauen gefasst und eine Bindung zu den Fachkräften der Gruppe aufgebaut hat, beginnt es, entspannt zu spielen und sich auf den Gruppenalltag einzulassen. Die professionelle Gestaltung der Beziehung zwischen Fachkraft und Kind ist Grundvoraussetzung für optimale Bildungs- und Entwicklungschancen in der Kita.

„Eine sichere Bindungsentwicklung und das damit verbundene Urvertrauen wirken wie ein großer Schatz auf seiner [Kind] anstehenden Reise.“ Prof. Dr. Brisch, 2010

Andrea Krohn, Marcel-Breuer-Straße

Caro - 13:59:06 @ Allgemein



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